Was ist Gestalttherapie

Was ist Gestalttherapie?


Die Gestalttherapie stellt ein psychotherapeutisches Verfahren dar, das bewusst von den konventionellen medizinischen Krankheitsmodellen und starren Normen abweicht. Anstatt sich an herkömmlichen Vorstellungen von "Gesundheit" und "Krankheit" zu orientieren, legt die Gestalttherapie Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung. In diesem Ansatz wird das Verhältnis zwischen Therapeutin und Klientin als partnerschaftlich definiert. Die Rolle der Therapeutinnen besteht darin, die Klientinnen auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen, wobei letztere als Experten ihrer eigenen Innerlichkeit betrachtet werden.
Ein bemerkenswerter Aspekt der Gestalttherapie ist ihre Präferenz für den Begriff "Klientinnen" anstelle von "Patientinnen". Diese Wortwahl unterstreicht die Anerkennung der individuellen Vielfalt von Menschen sowie ihrer eigenen Vorstellungen darüber, wie sie in Beziehung zu anderen und zur Welt insgesamt treten möchten. Die Gestalttherapie ermöglicht es den Menschen, ihre persönliche Entwicklung auf eine Weise zu gestalten, die authentisch und bedeutsam für sie ist.
Verständliche Erläuterung der Gestalttherapie
Die Grundlage der Gestalttherapie liegt in der Anerkennung der vielfältigen Individualität jedes Menschen. Gestalttherapeuten setzen sich dafür ein, persönliche Veränderungen bei ihren Klienten zu fördern. Sie unterstützen diese darin, durch aktive Interaktion mit sich selbst und anderen neue Erfahrungen zu sammeln. Dabei erlernen sie lebendige Herangehensweisen an Erleben und Verhalten und meistern bestehende Herausforderungen.
Die Begründer der Gestalttherapie, Frederick S. Perls und seine Frau Lore Perls, zusammen mit Paul Goodman, betonten, dass Lernen ein Prozess des Entdeckens ist. Daher geht es in der Gestalttherapie nicht nur um verbale Kommunikation, sondern auch um praktisches Ausprobieren und Experimentieren. Das umfasst Verhaltensweisen, körperliche Bewegungen, Haltungen, Gedanken, Gefühle und Einstellungen – sowohl bereits Bekanntes als auch mögliche Neuerungen. Diese Therapieform erforscht sämtliche Bereiche menschlicher Erfahrung, darunter zwischenmenschliche Interaktionen, emotionales Erleben, körperliche Empfindungen und intellektuelles Denken.
Ein zentraler Glaube der Gestalttherapeuten ist, dass die Integration aller Erfahrungsbereiche das individuelle Ganzheitsempfinden eines Menschen formt. Diese ganzheitliche Sichtweise spiegelt sich im Begriff "Gestalttherapie" wider.
Die Gestalttherapie erfolgt in einer lebensnahen und realitätsbezogenen Weise, konzentriert sich dabei vor allem auf das aktuelle Leben der Klienten. Ein charakteristisches Merkmal dieses Therapieansatzes ist, dass der Gestalttherapeut nicht als überlegener Experte auftritt, sondern als empathische, verständnisvolle Person, die die Klienten mit Interesse und Hingabe auf ihrer Entdeckungsreise begleitet. Die Qualifikation des Therapeuten zeigt sich in seinen Fähigkeiten als Begleiter, die er durch seine Ausbildung und eigene Therapie entwickelt hat. Diese unterstützende und verlässliche Begleitung bietet den Klienten die Ermutigung und Sicherheit, die sie für ihre manchmal herausfordernden, aber stets bereichernden Veränderungs- und Entwicklungsprozesse benötigen.
Im Zentrum der Gestalttherapie steht ein ganzheitliches Weltbild. Sie betrachtet den Menschen als eine Einheit aus Körper, Seele und Geist und unterstützt ihn auf dem Weg zur Wiederherstellung dieser Ganzheit. Die Fähigkeit zur Selbstregulierung und Selbstheilung wird dabei betont. Der Mensch befindet sich in einer stetigen Wechselwirkung mit sozialen, gesellschaftlichen und ökologischen Einflüssen und trägt eine eigenverantwortliche Rolle. Die Gestalttherapie ermutigt zu Experimenten und neuen Erfahrungen. Sie schafft einen Raum des Erlebens, in dem Vergangenes wieder aufkommen kann und Neues gewagt werden darf – ein Raum für Spontaneität, Kreativität, individuelle Antworten und neue Fragen. Sie lädt ein, den persönlichen Weg im eigenen Tempo zu gehen.

Das Konzept des "Hier-und-Jetzt"

Das Konzept des "Hier-und-Jetzt" bildet den Ausgangspunkt gestalttherapeutischer Arbeit, da Denken und Fühlen stets in der Gegenwart stattfinden. Während die Vergangenheit unveränderlich ist, besteht die Möglichkeit, die Auswirkungen vergangener Ereignisse und Erfahrungen zu reflektieren und somit den Blick auf die Vergangenheit zu transformieren, was wiederum ihre Auswirkungen verändert.


Was ist eine "Gestalt"?
Der Begriff "Gestalt" stammt aus der Gestaltpsychologie und wird in der Gestalttherapie synonym mit "Ganzheit" verwendet. Die Gestaltpsychologie lehrt, dass der Mensch seine Wahrnehmungen zu sinnvollen Einheiten, den sogenannten Gestalten, zusammenfügt. Eine Gestalt übersteigt die Summe ihrer Teile. Alles, was erlebt wird – sei es eine Begegnung, eine Erinnerung oder ein Gefühl – kann eine Gestalt sein. Perls betonte, dass viele Menschen innerlich "zersplittert" sind und ihnen die Ganzheit fehlt. Dies führt dazu, dass sie nur Teile ihrer selbst bewusst wahrnehmen und sich nicht als Ganzes erfahren. Das Ziel der Gestalttherapie ist daher, Menschen zu helfen, sich ihrer verdrängten und unbewussten Anteile bewusst zu werden, sie anzunehmen, zu integrieren und somit zu einer erneuerten Ganzheit zu gelangen. Heilung manifestiert sich in der Vollendung einer solchen prägnanten Gestalt.

Die "Ich-Du Ebene"
Die "Ich-Du-Ebene" nach Martin Buber repräsentiert das Ideal der therapeutischen Grundhaltung. Hierbei steht nicht das Individuum im Vordergrund, sondern die Verbindung zwischen beiden. Die Therapeutin/der Therapeut zeigt Präsenz, Empathie und Interesse an der Klientin/dem Klienten, akzeptiert sie/ihn und erlaubt sich selbst, von ihr/ihm berührt zu werden. Diese respektvolle Mitmenschlichkeit ermöglicht es der Klientin/dem Klienten, ihre/seine Würde, Integrität und Selbstbestimmung zu wahren. Trotz kritischer Konfrontation mit verschiedenen Aspekten der Person fühlt sich die Klientin/der Klient durch die Beziehung getragen.


Funktionsweise der Gestalttherapie
Die Gestalttherapie beleuchtet die Struktur aktueller Erfahrungen sowie die Art und Weise der Selbst- und Umweltwahrnehmung. Dabei spielt nicht das "Was" (Erfahrung, Aussage, Handlung, Erinnerung) eine Rolle, sondern das "Wie". Durch die Arbeit an dieser individuellen Erfahrungsstruktur im Hier und Jetzt wird es möglich, die dynamische Beziehung zwischen Klient/in und Umwelt zu revitalisieren. Dies steigert den Kontakt, fördert das Bewusstsein und verleiht dem Verhalten Energie.